Geschichte der Systemischen Beratung

 

Anders als bei Siegmund Freud für die Psychoanalyse kann bei der systemischen Therapie und Beratung nicht von einem genialen Begründer gesprochen werden.

 

Die systemische Beratung und Therapie hat viele Ursprünge, die sich etwa in der Mitte des 20. Jahrhunderts zeitgleich in den USA und mehreren europäischen Ländern entwickelten. Im Gegensatz zum bis dahin üblichen Vorgehen, nur die Ratsuchenden selbst zu behandeln, stand die Einsicht vieler Therapeutinnen und Therapeuten, wie groß der Einfluss der Familienangehörigen auf den Erfolg einer Therapie ist. Als eine der Gründerinnen der Familientherapie gilt Virginia Satir (*1916 USA - 1988). Sie war eine der ersten, die Familienangehörige direkt in die therapeutische Arbeit mit einbezog.

 

Großen Einfluss hatte Gregory Bateson (*1904 England - 1980 USA), ein angloamerikanischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Auf ihn ist die Theorie des "Double-bind" zurückzuführen. Bateson veröffentlichte die Bücher "Ökologie des Geistes" und "Geist und Natur".

 

Eine weitere sehr wichtige Persönlichkeit war Milton H. Erickson (*1901 - 1980 USA), ein amerikanischer Psychiater und Psychotherapeut. Erickson erkrankte an Kinderlähmung, er fiel ins Koma und zunächst hatte es den Anschein, dass er die Krankheit nicht überleben würde. Drei Tage später kam er wieder zu Bewusstsein, vollkommen gelähmt. Bewegungsunfähig saß er später in einem Schaukelstuhl. Der intensive Wunsch aus einem Fenster zu schauen führte nach einiger Zeit dazu, dass sich der Schaukelstuhl leicht bewegte. Dieses ideomotorische Erlebnis motivierte ihn weiter zu üben, er erforschte Trance Zustände und deren Nutzen. Erickson begründete die moderne Hypnotherapie.   

"Er prägte Jay HaleyPaul WatzlawickJohn Weakland und mit ihnen die gesamte Palo-Alto-Gruppe. Außerdem beeinflusste er die damals aufkommende Familientherapie und viele Schulen der systemischen Therapie, allen voran den lösungsfokussierten Ansatz von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg, die Provokative Therapie von Frank Farrelly und die Systemischen Strukturaufstellungen von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Die Gründer des NLP, Richard Bandler und John Grinder, studierten und kopierten seine Technik – ebenso wie die von Fritz Perls und Virginia Satir, um daraus NLP zu konstruieren." (Wikipedia)

 

In den 1980er Jahren erweiterte sich der Fokus von der Familien- zur Systemischen Therapie. Dies beruhte auf dem Verständnis, dass die Familie nur eins von vielen möglichen Systemen ist, welche Einfluss auf uns und unsere Anliegen haben.

 

In der Geschichte der systemischen Beratung spielen die sogenannten Konstruktivisten eine wichtige Rolle, indem diese sich mit der Frage beschäftigten, wie menschliche Erfahrung zustande kommt. Man geht davon aus, dass jede "Wirklichkeit" erst einmal eine konstruierte Wirklichkeit ist.

 

Heinz von Förster betonte die Wichtigkeit, auch den Beobachter zu beobachten (Beobachtung zweiter Ordnung/ Kybernetik zweiter Ordnung). Hieraus ergaben sich neue Denkanstöße: Wenn der Berater sich als Teil des Systems sieht, wie könnte er nun versuchen, das System in einer Weise zu verändern, als sei er draußen?

 

Darüber hinaus gingen Diskussionen innerhalb der systemischen Landschaft auch in eine ganz andere Richtung. Beim narrativen Ansatz geht man davon aus, dass nicht nur die Sprache allein, sondern die Bedeutungsmuster, die durch diese Sprache vermittelt würden, Realitäten in Systemen aufbauen. Wirklichkeit besteht aus nichts anderem als Geschichten. Wenn man diesen Vorstellungen folgt, dann kann man fragen, von welcher Art die Geschichten sind, die jemand sich und seiner Umgebung über sich selbst erzählt. Oder die vielleicht noch wichtigere Frage: Wie lassen sich Ausnahmen zu den vielleicht "problematischen" Geschichten finden ? Wie lassen sich Lösungsgeschichten und eine damit verbundene Erkenntnis der Selbstwirksamkeit entwickeln ?